Sonntag, 24. April 2011

Nur nicht aus der Puste geraten

Mein Motto: Programmierer sind faul! Das ist nicht böse gemeint, denn Programmierer leisten Enormes. Aber mittlerweile schreibt kein guter Software-Entwickler auch nur noch eine Anweisung komplett selbst, Autovervollständigung sei Dank. Man gibt dem Computer dabei so etwas wie Denkanstöße und den Rest findet er fast selbst heraus. Das klappt bei IDEs besser als bei Editoren, aber der Anfang ist gemacht.
Auch richtigen Leben kann man sich einige Arbeit durch Nachdenken und der darauf folgenden Alltagsoptimierung sparen.

Ich sage nur: Vom Nachdenken ist noch keiner aus der Puste geraten! Ich gerate vor allem bei der Hausarbeit schnell aus der Puste. Deshalb denke ich mir auch gerne Lösungsmöglichkeiten für verbreitete suboptimale Vorgänge aus, wie z.B. dem Einschenken von Saft oder Milch aus Getränkekartons.
Wir alle wissen, dass diese beim Einschenken immer so schluppern. Häufig genug ist man fast fertig mit Eingießen und der letzte Schlupp sorgt für einen Minitsunami, der das lästige Aufwischen von Saft/Milch nach sich zieht. Eins zu Null für die Physik. Und nu?


Viele meinen: "Das passiert eben mal. Man kann die Naturgesetze eben nicht ändern...". Letzeres trifft wohl zu, aber warum dann nicht die Naturgesetze für sich nutzen? Die Physik, dein Freund und Helfer!
In diesem Fall konkreter: Angewandte Aero- und Fluiddynamik



 Also einmal nachgedacht: Was passiert da?
  1. Durch das Eingießen verringert sich das Volumen der Flüssigkeitsmenge im Karton.
  2. Dies führt zu einem Unterdruck, der zunächst durch das Eindellen der flexiblen Kartonwände ausgeglichen wird. Der Flüssigkeitsaustritt wird dadurch zunehmend gehemmt.
  3. Ist weiteres Eindellen nicht mehr möglich, wird Luft durch die Packungsöffnung eingesogen.
  4. Der plötzliche Druckausgleich (geräuschmäßig ergänzt durch ein „Schlurp“), führt zum ebenso plötzlichen Anstieg der Flüssigkeitsaustrittsmenge: dem sogenannten Schlupp.
  5. Trifft dieser Schlupp auf eine genügend tiefe Flüssigkeitsmenge (Glas schon fast voll), bildet sich der bereits erwähnte Minitsunami, erreicht die Ränder, wird reflektiert und interferiert mit sich selbst zu einer Flüssigkeitssäule.
  6. Diese Flüssigkeitssäule bildet sich mehr oder – meist – weniger senkrecht und verlässt dadurch teilweise das Glas.
  7. Die einschenkende Person ärgert sich, holt einen Lappen und gerät aus der Puste
Nun noch einmal nachgedacht: Was kann ich dagegen tun, oder was kann die Physik für mich tun?
Viele sind schon auf die Idee gekommen, mit einer Schere an der, der Öffnung gegenüberliegenden, Seite ein Loch in die Packung zu stechen oder zu schneiden. Dies verhindert die Bildung eines Unterdrucks. Aber will man das bei jeder Packung auf Neue tun? Noch dazu in einem Haushalt, in dem sich die Schere in quantenmechanischer Superposition befindet, und die Wellenfunktion immer zu dem Ort kollabiert, an dem man zuletzt sucht? Nein, Programmierer sind faul!

Zum Glück gibt es mehrere Möglichkeiten ohne zusätzlichen Aufwand zum Ziel zu gelangen.
Erstens: Verhinderung der Bildung der Flüssigkeitssäule (siehe oben: Gedankenschritt 5). Man halte das Glas schräg, um am Einschlupppunkt nur eine geringe Flüssigkeitstiefe zu bieten → keine Flüssigkeitssäule → kein Lappen nötig.
Aber was tun, wenn man nur eine Hand zur Verfügung hat, weil die andere mit dem Halten eines Pizza-Stücks beschäftigt ist? Ganz einfach!
Zweitens: Verhinderung des Schlupps (siehe oben: Gedankenschritt 4). Da sich der Schlupp durch den Unterdruck bildet, muss dieser neutralisiert werden. Kleiner Tipp: Der Unterdruck kann sich nur bilden, wenn der Flüssigkeitsspiegel komplett oberhalb der Öffnung liegt.
Bei allen Freunden/Bekannten, etc. habe ich Folgendes beobachten können: Sie halten den Getränkekarton beim Einschenken mit Öffnung nach unten. "Warum schenkst du denn so ein?", frage ich dann - natürlich erst  nachdem ich wieder einmal Zeit-Zeuge eines Mintsunamis geworden bin. „Macht man halt so.", oder „Wie denn sonst?", kriege ich dann zu hören. Diese Rebellen wider die Physik, gilt es aufzuklären!

Wenn man die Packung nämlich 'richtig' herum hält, also mit Öffnung oben, dann liegt der Flüssigkeitsspiegel nicht ganz oberhalb der Öffnung und ein stetiger ausgleichender Luftstrom ist gewährleistet → Kein Schlupp → kein Lappen notwendig.

Der lernwillige Einschenk-Laie sei gewarnt: Bei zaghaftem Eingießen kann es passieren, dass man die nun untenliegende Seite der Packung bekleckert, einen Lappen holen muss und aus der Puste gerät.

Der Einschenk-Profi hält die Packung nicht hochkant, sondern quer, aber immer noch mit Öffnung oben.

2 Kommentare:

  1. Ich würde mal sagen Du bist mit Deiner Arbeit noch nicht ganz fertig: http://de.wikipedia.org/wiki/Schlupp :)

    Offenbar mit mehr Glück als Verstand hatte ich trotz des Wegs des ignoranten Deppen bislang nur wenig Probleme mit der... ja, Problematik. Aber ich werde es trotzdem bald im Alltag umsetzen oder mindestens zum Klugscheißen anwenden. ;)

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